Gleich außerhalb des befestigten Städtchens Venzone kann man ein schönes Panorama genießen, wenn man die Pfade innerhalb des Naturparks der Julischen Voralpen erforscht oder einen Spaziergang auf dem alten Keltenweg macht, der die Votivkirchen aus dem 15. Jhdt., die den Ort in einem einzigartigen, lieblichen Ambiente umranden, miteinander verbindet.
Vom Südtor kommend, schlagen wir die Via degli Alpini ein und gelangen auf der alten Straße zur Chiesa dei Ss. Anna e Giacomo ( Kirche der Hl. Anna und Jakob), die wahrscheinlich aus dem 10.-11.Jhdt. stammt; eine Zeit, in der sich der Brauch der Wallfahrten nach Santiago di Compostela in Galizien verbreitete. An die Kirche war eine Einsiedlerklause angebaut, die 1336 erwähnt wird und deren Reste noch heute zu sehen sind. Im Laufe der Jahrhunderte gab es mehrere Umbauarbeiten, bis im Jahr 1525 eine Arkade angebaut wurde. Charakteristisch ist der „campanile a vela“, ein Glockenturm auf dem Kirchendach, in dem die Glocke offen hängt.
Die Fresken im Inneren der Kirche aus dem 14. Jhdt. sind im Stil „Vitali“ gehalten, während die zwei Basreliefs (flache Reliefs) mit den Heiligen Petrus und Paulus noch früher zu datieren sind. Im Hochaltarraum kann man einen Freskenzyklus der Schule „Vitali“ bewundern: an der Hinterwand die Verkündigung, an den Seitenwänden die Reihe der Apostel und am Gewölbe der segnende Christus mit den Evangelisten. Das kleine bogige Fenster seitlich des Altares stammt noch von der ursprünglichen Kirche (10.-11.Jhdt.).
Nach dieser kleinen Rast begeben wir uns nun auf den Pfad, der zur Chiesa di S. Caterina aus dem 15. Jhdt. führt. Sie liegt auf einer Terrasse am Fuß des Berges Bedede, vor der alten von Gemona kommenden Keltenstraße. Am Kirchenplatz befand sich der Pestfriedhof. Vor dem Kircheneingangstor sieht man das Grab des Pfarrers von Venzone Felice Tavoschi, der 1855 an der asiatischen Krankheit starb. Im Inneren bestaunt man rechter Hand ein Fresko, das die mystische Hochzeit der Hl. Katharina von Alexandrien (Anfang des 15. Jhdt.) darstellt. Auf der linken Seite befinden sich nacheinander zwei Banner mit Abbildungen der Hl. Katharina und des Hl. Abtes Antonius und eine Holzstatue der Hl. Katharina mit dem Rad des Martyriums und ihrem Verfolger Massimo Daja zu Füßen (Nachbildung einer Skulptur aus dem 15. Jhdt.).
Wenn wir nun den Wildbach Venzonassa überqueren, finden wir auf den Ausläufern des Berges Plauris die Chiesa di S. Antonio Abate (Antonius, der Abt) vor. Das Kirchlein liegt 853m über dem Meeresspiegel und geht auf das 14. Jhdt. zurück. Es gehörte auch eine Klause dazu, die 1358 urkundlich belegt wird. Im Presbyterium befindet sich ein wichtiger Freskenzyklus: an den Seitenwänden ist die Reihe der Apostel verbildlicht, hinten eine Lünette (Bogenbild über Türen oder Fenstern) mit dem Hl. Antonius von Padua und an der tonnengewölbten Decke vier Geschichten aus dem Leben des Hl. Abtes Antonius und des Hl. Petrus, des Einsiedlers. Alle Fresken werden dem Künstler Gaspare Negro zugeschrieben und um das Jahr 1530 datiert.
Auf der anderen Seite der Venzonassabrücke sehen wir die Reste der Chiesa di S. Chiara, früher der Hl. Maria geweiht und ehemaliges Klarissenkloster. Die Kirche stammt aus dem 13. Jhdt. und liegt ca. 20-30 Meter vom Mauerring entfernt. Bis 1686 gehörte sie zum alten Marienkrankenhaus (1261 gegründet), später wurde sie in ein Klarissenkloster verwandelt, das 1806 unter der Herrschaft Napoleons aufgelassen wurde. Hier befinden sich auch der Palazzo Marzona und der Palazzo Marpillero, adelige Gebäude aus dem 16. Jhdt. An der Südwand vom Palazzo Marzona kann man eine doppelte Sonnenuhr aus dem 18. Jhdt. sehen.
An der alten Römerstraße „Julia Augusta“ erhebt sich die Kirche S. Lucia aus dem 14. Jhdt. Die baulichen Strukturen der Außenmauern sind die Reste der Arbeiten für den Bau eines neuen Presbyteriums, die 1917 unterbrochen wurden. Die Skulptur der Hl. Lucia ist eine 1900 geschaffene Nachbildung eines Originals vom Ende des 15. Jhdts., das der Schule des Domenico von Tolmezzo zugeschrieben wird.
Im sternförmigen Deckengewölbe des Presbyteriums sind die vier lateinischen Kirchenväter und die vier Evangelisten dargestellt. An den beiden Seitenwänden des Presbyteriums sieht man die Reste von Fresken mit den zwölf Weihkreuzen aus dem 14. und 19. Jhdt.
Die Ortschaft Portis wurde 1976 vom in Friaul wütenden Erdbeben völlig zerstört: die gesamte Bevölkerung wurde evakuiert und weiter den Berg hinauf gesiedelt, wo am 28. November 1981 der Ort „Portis Nuovo“ (Neu- Portis) gegründet wurde, der heute den Kern der Ortschaft bildet. Im Ortsteil „Portis Vecchio“ (Alt- Portis) sind noch die Bauschuttmassen der alten Kirche zu sehen. Dieser Ortsteil wird als „Geisterstadt“ angesehen, da die Gebäude genauso geblieben sind, wie sie zum Zeitpunkt des endgültigen Verlassens waren. Am Anfang der Siedlung „Portis Nuovo“ befindet sich die Kirche San Bartolomeo Apostolo, die Pfarrkirche, die 1991 gebaut wurde, nachdem die frühere Kirche 1976 vom Erdbeben zerstört worden war. Neben der Kirche ragt der Kirchturm mit seiner Uhr empor.
Wenn wir unsere Entdeckungsreise der Votivkirchen Venzones Richtung Norden fortsetzen, kommen wir zur Kirche S. Maria del Carmine, die zwischen den Orten Portis und Carnia liegt. Das Kirchlein aus dem 17. Jhdt. besteht aus einem einzigen Raum mit achteckigem Grundriss. Im Inneren kann man einen Altar mit Verzierungen in Stuckatur betrachten. Das ovale Altarbild stellt die Hl. Madonna mit dem Kind dar, die ein Skapulier (Schulterumhang) trägt (18. Jhdt.).
Etwas weiter nördlich geht es zur Siedlung Stazione per la Carnia, die am Zusammenlauf des Flusses Tagliamento und des Wildbaches Fella entstanden ist. Schon immer war hier der Kreuzpunkt zwischen den zwei Gebirgsgebieten von Friaul – Julisch Venetien: Carnia mit den Carnischen Alpen und Canal del Ferro, das in das Val Canale (Kanaltal) mit den Julischen Alpen übergeht. Dieser Ortsteil erfuhr eine starke Entwicklung im Jahr 1879, als die Eisenbahnstrecke Udine – Pontebba eröffnet wurde. Davon leitet sich auch der Ortsname ab: Stazione per la Carnia d.h. Bahnhof/Station für Karnien. Erwähnenswert ist die Pfarrkirche zum Hl. Apostel Petrus, die nach dem Erdbeben des Jahres 1976 im modernen Stil wiederaufgebaut und am 10. Oktober 1998 eingeweiht wurde. In ihrem Inneren kann man die Kreuzigungsgruppe bewundern, eine wertvolle Nussholzschnitzerei des friaulischen Künstlers Franco Maschio. Von ihm ist auch der Weihwasserkessel hergestellt worden, ebenfalls in Nuss.
Wenn wir nach Venzone zurückkehren, machen wir einen kleinen Umweg und besichtigen den Ortsteil Pioverno, der an den Hängen des Berges S. Simeone am rechten Flussufer des Tagliamento liegt. Die Chiesa della Beata Vergine Immacolata (Kirche zur seligen unbefleckten Jungfrau) von Pioverno ist 1988 in einfachem Baustil wiederaufgebaut worden, nachdem sie 1976 vom Erdbeben zerstört worden war. Das ursprüngliche Gebäude war in den Jahren 1735-39 erbaut worden und hatte schon eine radikale Erweiterung um die Mitte des 19. Jhdts. erfahren mit dem Wiederaufbau im klassizistischen Stil erfahren. Derzeit befindet sich im Inneren der Kirche ein Holzkreuz von Bruno De Cecco aus dem Jahr 1980. Erwähnenswert ist auch das Türchen aus vergoldeter Bronze des eingemauerten Tabernakels, ein Werk der Künstler Antonio und Livio Pascolo aus dem Jahr 1988.
Vom charakteristischen, 39 Meter hohen Kirchturm, der gänzlich aus weißem, bearbeitetem Kalkstein dieser Gegend von Bildhauern aus Pioverno erbaut worden war, ist heute nur der untere Teil erhalten
Erleben Sie den Spaß der Pilger, die die „Romea Strata“ zur Erreichung der drei „Peregrinationes Majores reiste“ Jerusalem, Rom und Santiago.
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